Milliardenloch, Schuldenbremse, Ampel-Zoff: Ist Deutschland pleite? | Possoch klärt | BR24
Größer hätte die Klatsche für die Ampel-Regierung kaum sein können: Von jetzt auf gleich fehlen im Finanzhaushalt der Bundesregierung 60 Milliarden Euro, mit denen die Ampel gerechnet hatte. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Ampel Gelder, die 2021 nicht für den Kampf gegen Corona verwendet wurden, nicht einfach hätte für den Kampf gegen die Klimakrise umwidmen dürfen. Damit hat die Ampel gegen die Verfassung verstoßen und die Schuldenbremse nicht eingehalten. In Berlin geht’s heiß her: Haushaltssperre für alle Ministerien und die Ampel zerstritten, wieder Mal. Ist Deutschland pleite? Braucht’s die Schuldenbremse eigentlich noch? Und: War’s das jetzt mit der Ampel? Possoch klärt mit: Wirtschaftsweise Veronika Grimm, Ökonom Marcel Fratzscher vom DIW Berlin und Wirtschaftshistoriker Klemens Skibicki!
INHALT
00:00 Nach dem Urteil: Chaos in Berlin aus
01:45 Klatsche für Berlin: Schuldenbremse nicht bedacht
03:58 Ist die Schuldenbremse ein historischer Fehler?
09:24 Deutschlands Wirtschaft so schwach wie lange nicht mehr
11:06 War’s das jetzt mit der Ampel-Regierung?
Den nachfolgenden Generationen weniger Schulden vererben, das ist der Zweck der sogenannten “Schuldenbremse“. Doch ist das Gesetz noch zeitgemäß und flexibel genug, um auf die aktuellen Krisen zu reagieren? Darüber wird gestritten. Fragen und Antworten zur Schuldenbremse:
Wie funktioniert die Schuldenbremse?
Um die in der Folge der globalen Finanzkrise der Jahre 2007 und 2008 stark gestiegenen öffentlichen Schuldenquoten zu senken, hat eine Föderalismuskommission 2009 unter anderem die Regel zur Begrenzung der Neuverschuldung erarbeitet, die sogenannte “Schuldenbremse“. Nach Verhandlungen zwischen Bund und Ländern wurde die Schuldenbremse im Frühsommer 2009 mit Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat beschlossen und im Grundgesetz verankert. Für den Haushalt 2011 wurde sie erstmals angewendet. Die Schuldenbremse verschärft in der Praxis für Deutschland die haushaltspolitischen Maastricht-Kriterien, die in der gesamten Euro-Zone gelten.
Im Kern geht es darum, dass Bund und Länder ihre Haushalte grundsätzlich ohne die Aufnahme von Krediten ausgleichen müssen. Das klappt nur, wenn die Nettokreditaufnahme 0,35 Prozent des nominellen Bruttoinlandsprodukts nicht überschreitet. Auf diese Weise wird die Staatsverschuldung begrenzt.
In den 2010er-Jahren sank die Nettostaatsverschuldung der Bundesrepublik, Experten führen das aber in erster Linie nicht auf die Schuldenbremse zurück, sondern vor allem auf das damalige Wirtschaftswachstum, die stark sinkenden Zinsen und eine geringe Arbeitslosigkeit. Diese Komponenten führten zu einer starken Entlastung des Haushalts und machten es dem Bund einfacher, die Schuldenbremse einzuhalten.
Welche grundsätzliche Kritik gibt es an der Schuldenbremse?
Die Schuldenbremse stand seit ihrer Einführung auch in der Kritik. Einige Experten sagen, sie verhindere wichtige öffentliche Investitionen, der Staat spare ihretwegen bei Straßen, Schienen, Brücken oder der Bildung. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hält die Schuldenbremse für “schädlich“. Sie sei “ein Überbleibsel einer vergangenen Zeit“, so DIW-Präsident Marcel Fratzscher. Die Bundesregierung müsse “ihre engstirnige Obsession mit der Schuldenbremse in diesen Krisenzeiten aufgeben“. Er empfiehlt stattdessen eine Mindestgrenze für ökologische, wirtschaftliche und soziale Investitionen, damit Wirtschaft und Gesellschaft zukunftsfähig blieben.
Weiterführende Links zum Thema “Ist Deutschland pleite?“:
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Presenter: Dominic Possoch
Videoproduktion: Daniel Egger
Grafik: Susanne Baur, Nadja von Dall Armi
Recherche und Text: Anna Feininger, Dominic Possoch
Redaktion BR24: Jürgen P. Lang, Gudrun Riedl
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